China-Kompetenz: Die zukünftige Bundesregierung muss investieren!

Aktuelles

Veröffentlicht am 17.03.2025

Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD für die nächste Bundesregierung laufen – und mit ihnen werden zentrale Weichenstellungen für die kommenden Jahre getroffen. In 16 Arbeitsgruppen erarbeiten die Politiker und Politikerinnen den Koalitionsvertrag, der noch vor Ostern unterzeichnet werden soll. Ein Thema darf darin nicht fehlen: China-Kompetenz – und die Finanzierung ihres Auf- und Ausbaus.

In ihrer China-Strategie 2023 forderte die Ampel-Regierung ausdrücklich China-Kompetenz, um sich "strategisch" mit Chinaauseinanderzusetzen. Die nun scheidende Bundesregierung nennt Sprachkompetenzen, interkulturelle und landeskundliche Kompetenzen, Kenntnisse über die Ziele Chinas hinsichtlich seines "globalen Engagements" sowie praktische Erfahrungen in der bilateralen Zusammenarbeit "im Kontext des chinesischen politischen Systems" als relevant.

Der Auf- und Ausbau von China-Kompetenz wird in der China-Strategie als Querschnittsaufgabe gesehen, wobei die Bundesregierung Länder, Städte, Gemeinden, Unternehmen, Hochschulen und die Zivilgesellschaft ermutigt, ihre China-Kompetenz weiterzuentwickeln. Das Mercator Institute for China Studies (Merics) wird explizit als zentrale Einrichtung zur Förderung dieser Kompetenz genannt, deren Unabhängigkeit die Bundesregierung unterstützen will.

Doch auch über Merics hinaus bedarf es der finanziellen Förderung von sogenannter China-Kompetenz – und zwar in der gesamten Bundesrepublik. Dieses Ziel hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) schon vor der Strategie von 2023 im Blick. Das BMBF versteht sich "als zentraler Akteur in diesem Bereich und hat den China-Kompetenz-Aufbau bereits seit 2016 mit verschiedenen Maßnahmen vorangetrieben und gefördert." Ein Beispiel dafür ist die Fördermaßnahme "Innovative Konzepte zum Ausbau der China-Kompetenz an deutschen Hochschulen". Insgesamt förderte das BMBF den Ausbau der China-Kompetenz in Deutschland im Jahr 2024 mit 3,8 Millionen Euro.

Die Gelder der ersten Förderphase – drei Jahre im Zeitraum von 2017 bis 2022 – flossen dabei mitnichten nur an Chinawissenschaften: Gefördert wurden 11 Projekte aus den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, Natur- und Lebenswissenschaften sowie Kultur- und Rechtswissenschaften. Aktuell läuft der Zeitraum für die darauffolgende Fördermaßnahme mit ähnlicher Ausrichtung: "Regionaler Ausbau der China-Kompetenz in der Wissenschaft (Regio-China)". Ziel dieser Maßnahme ist insbesondere die Vermittlung von China-Kompetenzen an Leitungs- und Verwaltungsmitarbeitende ebenso wie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dabei geht es unter anderem um Schulungen und Beratungen rund um Forschungskooperationen und -sicherheit.

Darüber hinaus hat das BMBF 2024 das zweite Mal eine Fördermaßnahme zur "Modernen Chinaforschung" ausgeschrieben, auf die sich Wissenschaftler*innen bis August bewerben konnten. Ziel des BMBF ist es, Vorhaben zu fördern, "die aktuelle Entwicklungen in beziehungsweise aus der Volksrepublik China heraus untersuchen, die eine hohe Relevanz für Deutschland und Europa haben". Bereits in der ersten Fördermaßnahme zur "Modernen Chinaforschung" wurden 13 Projekte gefördert, die sich u.a. mit Innovations- und Unternehmenspolitik, digitaler Transformation oder auch chemischen Recycling befassten.

Die nächste Bundesregierung darf hier nicht kürzen, im Gegenteil: Sie muss bestehende Programme verstetigen und neue Mittel bereitstellen. Dabei ist es unerlässlich, die Förderzeiträume zu verlängern, damit die jeweiligen Projekte nicht nur Kapazitäten in den Aufbau von Netzwerken, Angeboten, Websites etc. stecken, sondern diese möglichst langfristig gesichert werden können. Der Aufbau und Ausbau von China-Kompetenz in Deutschland darf keine Angelegenheit sein, die alle drei Jahre neu begonnen wird.

Hinzu kommt, dass Feldforschung in China mit zunehmenden administrativen Hürden und Einschränkungen verbunden ist, während viele offizielle Daten nicht mehr öffentlich zugänglich sind bzw. der Zugang erschwert wird. Dies bedeutet, dass Forschung über China zeit- und ressourcenintensiver wird. Wer qualitativ hochwertige Analysen liefern will, braucht mehr Zeit – und damit auch mehr finanzielle Mittel.

Gleichzeitig darf das Verständnis von dem, was "China-Kompetenz" auszeichnet, nicht durch die sicherheitspolitische Brille verengt werden. So schreiben CDU/CSU in ihrem Wahlprogramm, dass sie die "Systemkonkurrenz zu China" annehmen möchten. Auch möchten sie die "strategische Sicherheitsforschung" stärken. Wenige Sätze später heißt es: "Deshalb bauen wir ein Netzwerk für unabhängige Chinawissenschaften auf." Unabhängige Chinawissenschaften gibt es in Deutschland längst; die Sinologie ist an vielen Universitäten der Bundesrepublik tief verwurzelt. Sie leiden jedoch – wie andere gesellschafts- und geisteswissenschaftliche Disziplinen auch – unter Haushaltskürzungen und Sparmaßnahmen bei steigenden Kosten.

Derartige finanzielle und institutionelle Zwänge führen zu einer Marginalisierung von Bereichen der Wissenschaft, die keine "verwertbaren" Ergebnisse hervorbringen. Zugleich scheint das in Deutschland vorherrschende negative Bild von China bzw. der chinesischen Regierung dazuzuführen, dass das Interesse etwa am Chinesisch-Studium und der Auseinandersetzung mit China stark abgenommen hat. Hier gilt es, entgegenzusteuern – mit Angeboten, die verdeutlichen, dass die Volksrepublik mehr ist als ein Investitionsmarkt, ein konkurrierender Exporteur und ein geopolitischer Herausforderer.

——-

Diesen Meinungsbeitrag verfasste CCTC-Mitarbeiterin Merle Groneweg für das professionelle Briefing "China.Table".

Vorheriger Beitrag Nächster Beitrag